Lampas, Samte, Damaste und Brokate haben eines gemeinsam, das Herz und das Geheimnis ihrer Kostbarkeit. Und dieses gemeinsame Merkmal ist die Seide, der Rohstoff, aus dem all diese Stoffe entstehen. Aber woher stammt die Seide selbst?
Die Seidenstoffe gelangen nach Europa
Von den Raupen, werden Sie sagen. Natürlich. Aber die Raupen wurden zu jener Zeit, das heißt um 2700 v.Chr., ausschließlich in China gezüchtet, wo auch die Seidenindustrie entstand. Die Geschichten, wie die Seide in Europa bekannt wurde und wie später die Raupen hierher gelangten, sind beide interessant.
Lebte der General Marcus Licinius Crassus noch, wäre er nicht gut auf die Schlacht bei Carrhae zu sprechen. Leider starb der damals reichste Mann Roms genau an jenem Tag des Jahres 53 v.Chr. Dieser Schlacht, die Crassus heraufbeschwört hatte, um als Heerführer mit Cäsar und Pompeius mithalten zu können, ermöglichte den Römern allerdings, einen Schatz in die Heimat mit zurück zu nehmen: die Seide.
So waren die von den Parthern zur Schau gestellten Banner aus diesem bisher bei den Römern unbekanntem kostbarem Material, dessen Einfuhr aus China gerade anfing. Das römische Reich und China hatten aber nie Kontakte. Die Händler der Völker zwischen ihnen ermöglichten diesen Austausch. Aber die Römer wussten genau, dass es die Serer, also die Chinesen waren, die die Lanicio silvarum, wie Plinius der Ältere sie nennt (Naturalis Historia, VI, 54), erzeugen. Was „Garn der Wälder“ bedeutet. Die Römer waren sich nicht besonders klar darüber, wie die Seide produziert wurde. Aber wie kamen dann die Raupen nach Europa?
Seidenstoffproduktion in Venedig
Dank zweier in geheimer Mission vom Kaiser Justinian entsandter Mönche gelang es ihm, sich Seidenraupen zu verschaffen. So fasst nach und nach die Seidenproduktion in Europa Fuß, sie setzte aber dem starken Verkehr auf der Seidenstraße kein Ende. Oder vielleicht sollte man „Seidenstraßen“ sagen, da es sich nicht um eine einzige Straße handelte, sondern um ein Gewirr aus Wegen, die Ostasien – vor allem China – mit Europa und dem Nahen und Mittleren Osten verbanden. Und einer der ersten Menschen aus dem Westen, die über die Seidenstraße nach China gelangten, war Marco Polo (1254-1324).
Von seinen Reisen brachte Marco Polo kostbare Manufakte, Reichtum und vor allem Stoffe in seine Heimat Venedig mit. Und die kostbaren Stoffe machten die Händler aus Venedig, aber auch aus Florenz, Genua und Lucca vermögend. Venedig wird dadurch zu einem wichtigen Zentrum der Seidenindustrie, die in Italien im 16. Jahrhundert ihre wichtigste Glanzzeit erlebte.